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Leseprobe 2 DOI: 10.14623/wua.2018.1.11-18
Jochen Sautermeister
Empfangen, Aushalten und Gestalten
Christliche Spiritualität als Lebenskunst
Das eigene Leben zu führen, versteht sich nicht von selbst, zumindest dann nicht, wenn man vor Entscheidungen gestellt ist, die von einem eine bewusste Wahl abverlangen. Besonders deutlich wird dies bei Lebensentscheidungen. „Führe ich mein Leben richtig? Bin ich auf dem richtigen Weg?“ bilden dann nicht nur theoretische Fragen, sondern stellen sich auch in existenzieller Ernsthaftigkeit und Dringlichkeit. Mitunter besteht dann der nachvollziehbare Wunsch nach klarer und eindeutiger Wegweisung.

Lebenskunst, Spiritualität und die Fragen nach dem guten und bejahenswerten Leben

Vor dem Hintergrund eigener Lebenserfahrungen, der eigenen Lebensgeschichte und im Horizont grundlegender Einstellungen zum Lebensganzen gewinnen solche Fragen ihre eigene Färbung. Existenzielle Entscheidungen können die Not menschlicher Freiheit spürbar werden lassen, wenn die Sorge, sich falsch zu entscheiden und damit sich selbst und sein Leben zu verfehlen, dominiert. Im Modus der Angst etwa erfährt der Einzelne die Ungesichertheit nicht nur seiner leiblichen Existenz, sondern auch die Ungesichertheit sozialer Anerkennung sowie authentisch erfüllender Lebensorientierung. Wenn jedoch der Möglichkeitssinn dominiert, kann das Leben im Modus der Hoffnung gelebt und diese Ungesichertheit als Handlungsspielraum der eigenen Existenz erlebt werden, in dem man sich als Akteur im Spiel der Vielfalt begreifen kann. Es herrscht dann nicht Verlustangst, sondern Vertrauen in eine offene oder gar verheißene Zukunft vor.

In welchem existenziellem Befindlichkeitsmodus Menschen ihr Leben gestalten und führen, kann man metaphorisch als Färbung des Horizonts bezeichnen, in dem man sein Leben führt und der das Leben ausrichtet. Dieser lässt sich als jener subjektiv bedeutsame Sinnhorizont verstehen, in dem die eigene Existenz und Lebensgestaltung insgesamt Orientierung und Halt finden. Sein Leben danach mehr oder weniger bewusst auszurichten und die Einstellung dazu kann man als Spiritualität umschreiben. Der französische Philosoph André Comte-Sponville hat im Kontext des Lebenskunst-Diskurses Spiritualität allgemein umschrieben als „unsere endliche Beziehung zum Unendlichen oder Unermesslichen, unsere zeitliche Erfahrung der Ewigkeit, unser relativer Zugang zum Absoluten“. Die Frage nach dem guten und richtigen Leben ernsthaft zu stellen, schließt demzufolge ein, auch dessen spirituelle Grundierung zu beachten. Dieses wechselseitige Verwiesenheit von Spiritualität und Lebenskunst erfährt im Kontext spezifischer Glaubensüberzeugungen, Konfessionen, Spiritualitäten und Religionen, kurz: im Kontext verschiedener Glaubenskulturen je konkrete Ausgestaltung und Bestimmung. Hier verortet sich auch die religiöse Rede vom Willen oder Plan Gottes, von Ruf und Berufung, wobei damit ganz verschiedene Vorstellungen verbunden sein können.

Allerdings stehen Menschen nur selten unter dem Druck existenzieller Entscheidungen. Das ausdrückliche Nachdenken über die Gestaltung des eigenen Lebens kommt im Alltag normalerweise nicht vor. Vielmehr orientiert man sich mehr oder weniger unreflektiert an vorgegebenen kulturellen Mustern und sozial etablierten Entwürfen, reagiert auf ökonomische Angebote und versteht sich darauf, mediale Anreize und Ablenkungen zu nutzen mit der Folge, dass der Einbruch des Existenziellen gleichermaßen fern bleiben wie ferngehalten werden kann.

Damit die Frage nach dem guten Leben als Gegenstand der Lebenskunst bewusst wird – sofern es nicht durch eine bestimmte Sozialisation oder Bildung, etwa einer religiösen, Thema ist –, bedarf es eines Anstoßes. So führte die Wahrnehmung des Phänomens existenzieller und praktischer Verunsicherung dazu, Lebenskunst in der zeitgenössischen Philosophie wieder aufzugreifen, nachdem es über mehrere Jahrhunderte nur ein randständiges Thema war. Lebenskunst als Antwort auf etwas Krisenhaftes gewinnt wieder an Bedeutung. Virulent wird die Frage nach grundlegender Orientierung.

Als reflektierte Lebenskunst betont sie die Einbindung des Einzelnen in soziale, ökonomische und ökologische Zusammenhänge: „Sie bestärkt […] das einzelne Individuum in seiner Selbstaneignung und Selbstmächtigkeit, um einer Zumutung von Aussen und einer Beherrschung durch Andere entgegentreten zu können.“ Besonders um die Jahrtausendwende ist zunehmend ein ökologisches Bewusstsein in die philosophische Lebenskunst-Debatte eingezogen. Auch diese Debatte begann unter dem Vorzeichen eines bejahenswerten, schönen Lebens mit der sogenannten Ästhetik der Existenz. Diese fungiert als normative Bezugsgröße für den ökologischen Imperativ, die eigenen Lebensgrundlagen nicht zu ruinieren. Diese sozialen, ökonomischen und ökologischen Herausforderungen bilden neben der Frage nach dem menschlichen Selbstverständnis den Verstehenshintergrund und Plausibilisierungskontext einer theologisch-ethischen Thematisierung von christlicher Spiritualität im Sinne einer Lebenskunst, die der Frage nach dem guten und gelingenden Leben im Horizont des christlichen Glaubens nachgeht. [...]


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