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Leseprobe 3
Lucas L. Wieshuber
Thomas Merton
Der Berg der sieben Stufen
„Am letzten Tag des Januars 1915, im Zeichen des Wassermanns, in einem Weltkriegsjahre, und im Schatten französischer Berge nahe der spanischen Grenze, kam ich zur Welt. Frei von Natur, ein Ebenbild Gottes, war ich doch der Gefangene meiner eigenen Heftigkeit und Selbstsucht, nach dem Bild der Welt, in der ich geboren wurde. Diese Welt war ein Abbild der Hölle, voller Menschen wie ich, die Gott liebten und ihn doch haßten; geschaffen, ihn zu lieben, lebten sie stattdessen in Angst, hoffnungslosen Widersprüchen und Begierden. Nur wenige hundert Meilen vom Hause entfernt, worin ich geboren wurde, trug man Menschenleichen zusammen, die in regennassen Gräben zwischen toten Pferden und zertrümmerten Geschützen, in einem Wald von astlosen Bäumen, längs der Marne, verfaulten.“

Mit diesen Worten eines Anfang Dreißigjährigen beginnt Thomas Merton seine spirituelle Lebensbeschreibung „Der Berg der sieben Stufen“, die im Oktober des Jahres 1948 erstmals im englischen Original unter dem Titel „The Seven Storey Mountain“ im Verlag Harcourt Brace erschien. Bereits die ersten Zeilen des Werkes machen Mertons intensive Auseinandersetzung mit den Gegensätzen der inneren und äußeren Welt deutlich – ein Ringen, das sein Leben von Anfang bis zum Ende bestimmen sollte und bis heute Modellcharakter für viele andere hat. In späteren Jahren distanziert er sich von seiner Lebensbeschreibung und bekennt, dass das Buch das Werk des jungen Thomas Merton sei, den es nicht mehr gebe. Somit ist das Buch authentisches Zeugnis einer frühen Etappe spiritueller Reifung, die ihn schließlich als Trappistenmönch mit dem Ordensnamen Mary Louis immer tiefer in eine transformierende Beziehung mit dem Transzendenten hineinwachsen lässt.

Bestseller und Wegweiser

Merton reflektiert über sein frühes Leben und die Suche nach dem Glauben an Gott, die ihn im Alter von 23 Jahren in die römisch-katholische Kirche führt. Nach seiner Konversion gibt Merton eine vielversprechende literarische und akademische Karriere auf und tritt in die Trappistenabtei „Our Lady of Gethsemani“ im ländlichen Kentucky ein. Für den jungen Mann, der bis zu seinem 23. Lebensjahr ohne religiöse Bindung gelebt hatte, bedeutet der Entschluss, Trappist zu werden, radikales Engagement. Die Erzählung des Buches spiegelt die Kämpfe des modernen Menschen wider, der mit der Suche nach Sinn und einer tieferen Verbindung zum Göttlichen ringt. Mertons ehrliche Schilderung seines persönlichen Weges machen das Buch zu einem großen Erfolg. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) schreibt: „In den USA der unmittelbaren Nachkriegszeit traf Mertons Werk offenbar einen Nerv.“ Augenscheinlich gibt das Buch und sein Inhalt Antworten auf die Suche und die Fragen einer Generation, die sich nach einem langen und blutigen Zweiten Weltkrieg nach einem persönlichen Lebenssinn und Orientierung sehnte. Mertons Werk veranlasst unzählige Menschen, Priester bzw. Ordenschristen zu werden und sich auf diese Weise in die Nachfolge Jesu zu begeben.

Von stürmischen Anfängen zur Suche nach dem Sinn


Thomas Mertons Leben begann mit einer turbulenten Mischung aus kulturellen Erfahrungen und persönlichen Verlusten. Geboren am 31. Januar 1915 in Prades, Frankreich, war Merton der Sohn von Künstlern. Der nomadische Lebensstil der Familie, die häufig zwischen verschiedenen Ländern hin- und herzog, brachte Merton schon in jungen Jahren eine Vielzahl von Kulturen nahe. Die fehlende Verwurzelung war zwar in mancher Hinsicht bereichernd, warf aber auch einen Schatten der Instabilität auf seine prägenden Jahre. Nicht zuletzt durch den frühen Tod der Mutter, später des Vaters und der Großeltern, entwickelte Merton eine komplexe Beziehung zu den existenziellen Fragen. Der Grundstein für einen ruhelosen Geist war gelegt und ließ ein Leben erahnen, das von einer intensiven Suche nach Wahrheit und schließlich von der Hingabe an ein spirituelles Leben geprägt sein sollte. Angesichts einer ernsten Erkrankung seines Vaters formuliert er: „Wenn ich für meinen Vater betete, so trieb mich wahrscheinlich nur eine blinde Regung der Natur, die den Menschen in einem kritischen Augenblick … ergreift. Diese stellt … noch keinen Beweis für das Dasein Gottes dar, sondern zeigt nur sicher, daß das Verlangen, Ihn anzubeten und zu erkennen, tief in unserer Natur verwurzelt und unzertrennlich mit unserem Wesen verbunden ist.“

Akademisches Streben und spirituelle Sehnsucht


Während seiner akademischen Studien begab sich Thomas Merton auf eine turbulente Reise, die seine tiefe Sehnsucht nach spiritueller Erfüllung widerspiegelte. Sein intellektueller Werdegang begann an der Universität von Cambridge (UK). Mertons Erfahrungen dort waren von einem starken Kontrast zwischen akademischer Leistung und persönlicher Desillusionierung geprägt. Inmitten des traditionellen akademischen Umfelds kämpfte er mit einem Gefühl der Rebellion gegen etablierte Normen. Sein Lebensstil in dieser Zeit war ausgesprochen hedonistisch und voller Exzesse. Die Verlockungen weltlicher Vergnügungen verblassten schnell und offenbarten eine Leere, die weder durch akademische Auszeichnungen noch durch gesellschaftliche Abenteuer zu füllen war. Diese Unzufriedenheit wurde zu einem Katalysator für Mertons introspektive Suche nach einem Sinn innerer Zugehörigkeit. Die Columbia University in New York bot Merton eine breitere Perspektive, frei von vielen Beschränkungen, die er in Cambridge empfand. Der Kampf um inneren Frieden blieb jedoch bestehen. So schreibt er: „So sah der Tod des Helden, des großen Mannes, der ich sein wollte aus … Jedermann an der Columbia wusste, wer ich war. Niemand tadelte offen meine Eitelkeit … [...]


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