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Stichwort DOI: 10.14623/wua.2024.1.2-5
Bernhard Knorn
Thomas von Aquin und die Jesuiten
Dominikaner und Jesuiten verbindet eine lange Konfliktgeschichte. Bereits vor der Ordensgründung machte Ignatius von Loyola (1491–1556) unangenehme Erfahrungen mit der von Dominikanern durchgeführten Inquisition in Spanien, weil er mit seinem geistlichen Eifer den kirchlichen Theologen ein Dorn im Auge war. Der neue Orden dann zog die harsche Kritik des einflussreichen Dominikaners Melchior Cano (1509–1560) auf sich, der nicht müde wurde zu behaupten, die Gesellschaft Jesu nähme den Namen Jesu exklusiv für sich in Beschlag. Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts standen sich Dominikaner und Jesuiten im Gnadenstreit unerbittlich gegenüber und warfen einander vor, Häresien in Bezug auf das Wirken Gottes und die Freiheit des Menschen zu lehren. In der Neuscholastik des 19./20. Jahrhunderts stritten sich Vertreter der beiden Orden, was Treue zu Thomas genau bedeute. Bis ins 20. Jahrhundert hinein meinte man, ein jesuitisch-molinistisches stehe mit einem dominikanisch-thomistischen Gottes-, Welt- und Menschenbild prinzipiell im Konflikt – mit Auswirkungen auf die jeweilige Theologie, Spiritualität und Geisteshaltung.

Eine gemeinsame Begeisterung für Thomas von Aquin

Doch wäre es nicht zu diesen Konflikten gekommen, würden der Prediger- und der Jesuitenorden nicht zahlreiche geistliche und apostolische Ideale teilen. Viele Jesuiten bewunderten Thomas von Aquin (1224/25–1274), der wie kein anderer für die theologische Prägung des Dominikanerordens steht. Von Ignatius an haben sie an Thomas Maß genommen, sich von ihm inspirieren lassen und sich mit ihm auseinandergesetzt – was den Jesuitenorden in seiner geistlichen wie theologischen und pädagogischen Ausrichtung mehr geprägt hat, als man heute gemeinhin annimmt.

Eine gemeinsame Wurzel liegt in der Zweiten Scholastik. Im 16. Jahrhundert hatten Dominikaner wie Francisco de Vitoria (um 1483–1546) und Domingo de Soto (1495– 1560) Thomas wiederentdeckt und seine Lehre und Methodik zu rezipieren begonnen. Ein neuer Rekurs auf die Quellentexte des christlichen Glaubens kam in der Renaissance hinzu. Die humanistische Studienreform mit ihrer Orientierung am lernenden Subjekt machte diesen neuen Ansatz so attraktiv, dass auch viele frühe Mitglieder des 1540 gegründeten Jesuitenordens bei den Dominikanern studierten. Ähnlich wie ihre Lehrer begannen die Jesuiten-Professoren, die Summa theologiae zu kommentieren. Diese Entscheidung für Thomas von Aquin wurde auf Dauer angelegt, da sowohl die Satzungen als auch die Studienordnung der Gesellschaft Jesu ihn als vorrangigen theologischen Lehrer bestimmten. In einer Zeit des Umbruchs und der Verunsicherung aufgrund der Reformation stand der doctor communis für eine solide kirchliche Lehre. Doch ging es nicht nur um Rechtgläubigkeit. Gerade die Summa theologiae mit ihrem systematischen Aufbau und der Methode der Disputation half den Professoren, die Inhalte ihres Fachs zu gliedern und didaktisch erfolgreich zu vermitteln. Das methodisch geordnete Disputieren wurde zum zentralen Übungs- und Prüfungsinstrument im Studium der Jesuiten sowie zur vorrangigen Weise der gelehrten Auseinandersetzung. Schließlich setzte sich inhaltlich nicht der Thomismus durch, sondern das Anliegen, die Vielfalt der Positionen zu kennen und diskutieren zu können, welche jeweils für einen bestimmten Fall angemessen sind – so etwa bei Francisco Suárez (1548–1617), der für die Jesuitentheologie bis ins 19. Jahrhundert bestimmend sein sollte.

Differenzen in der Spiritualität?

Trotz der Thomas-Rezeption in der Theologie scheint die Spiritualität der Jesuiten weniger vom großen Dominikaner des 13. Jahrhunderts als vielmehr von den Idealen der Frühen Neuzeit geprägt zu sein: Das individuelle, freiheitliche Subjekt und sein persönliches Heil, der unmittelbare Ruf Gottes an jeden Menschen, die missionarische Weltgewandtheit, das Streben nach dem magis, statt sich in den ordo einzufügen – all diese Merkmale der ignatianischen Spiritualität widersprechen dem hochmittelalterlichen Verständnis des christlichen Lebens und dem klassischen Ordensleben. In der Tiefe lassen sich aber durchaus Verbindungslinien entdecken.

Einen Hinweis gibt bereits Ignatius in seinem autobiographischen Pilgerbericht: Die ersten religiösen Idealgestalten, die ihm als jungem Mann nach seiner lebenswendenden Verwundung in den Sinn kamen, waren Franziskus und Dominikus. Neben dieser Begeisterung für das Armutsideal der Bettelorden wurde ihm die Betrachtung des Lebens Jesu wichtig. Jesus in seinem irdischen Leben mehr kennen und lieben zu lernen, in der Passion bei ihm zu stehen und sich mit dem Auferstandenen zu freuen, das sind zentrale Momente der ignatianischen Exerzitien, in denen die Mysterien des Lebens Jesu explizit als Betrachtungspunkte dienen. Bereits in Thomas’ Summa theologiae sind die Quaestionen über Christi irdisches Leben für seine Christologie charakteristisch. Später haben große Jesuitentheologen von Suárez bis Karl Rahner (1904–1984) diese damals vielfach vernachlässigte Thematik in ihre systematische Theologie zu integrieren gesucht. [...]


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