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Leseprobe 2 DOI: 10.14623/wua.2017.4.154-159
Josef Römelt
Enhancement und Stigmatisierung
Entstehen durch Enhancement neue Minderheiten?
Es gibt die Sorge, dass durch technische, medizinische oder psychologische Formen des Enhancement Menschen in ungerechter Weise bevorteilt oder benachteiligt werden. Sie ist wie der Schatten im Umkreis des hellen Lichts der Sehnsüchte, die sich mit einer Verbesserung des menschlichen Lebens, ja des Menschen selbst verbinden können. Auf der einen Seite stehen Hoffnungen, menschliches Leben durch Alltagshilfen, Hightech-Medizin, Stimulanzien, bewusstseinserweiternde Medikamente usw. intensivieren zu können. Doch stellt sich sofort auch die Sorge ein: In unredlicher Weise könnten sich die einen Möglichkeiten von Einfluss, Macht und Optionsvielfalt verschaffen, während den anderen aufgrund des Mangels an Vitalität, Wissen, Geld oder sozialem Einfluss solche vorenthalten bleiben. Und das moralische Anliegen, das irgendwie spontan mit der Warnung vor der Magie des Verbesserns und Steigerns verbunden wird, stellt sich nicht nur schützend vor natürliche Bedingungen des menschlichen Körpers oder seiner psychischen Verfasstheit, die nicht gewaltsam gesprengt werden dürfen. Sondern es versucht immer auch schon die Schwächeren vor den Stärkeren, die Einflusslosen vor den Einflussreichen und die Armen vor den Reichen in Schutz zu nehmen. Denn das „Macherische“ im Enhancement scheint bereits auf die soziale „Gewalttätigkeit“ von Verbesserungsideologien (Stichwort Rassenwahn und Herrenmenschen) irgendwie hinzuweisen.

Und doch ist das Bemühen um die Verbesserung der menschlichen Lebensbedingungen und in diesem Sinne auch der Steigerung physischer und psychischer Grundlagen des menschlichen Lebens unvermeidbar. Die fehlende Harmonie zwischen der Natur und dem Menschen, die Grausamkeit der Natur zwingt den Menschen dazu, die Welt bewohnbar zu machen. Und das heißt: auch den eigenen Körper, auch die Bedingungen der eigenen Psyche. Den Konkurrenzen und Spannungen zwischen den Bedürfnissen des Menschen und der tragenden, aber auch unwirtlichen Natur entsprechen die ethischen Anliegen einer Optimierung oder Verbesserung des Menschen selbst. Es geht letztlich um den Ausgleich zwischen dem Können des Menschen und den Grenzen seiner Macht.

Dabei scheint das Risiko der Entstehung von Minderheiten durch Strategien der Lebensoptimierung vor allem an ökonomischen Mechanismen ihrer „Vermarktung“ und an sozialen Dynamiken der Ausgrenzung zu hängen. Menschliche Leistung und Kreativität spiegelt die menschliche Potenz. Die Rückbindung an natürliche und soziale Grenzen ist aber eine eigene Herausforderung, die es zu meistern gilt. Diese Ambivalenz auszuhalten, ist eine der großen kulturellen Aufgaben vor allem der Gegenwart.

Die Eingriffstiefe der Lebensoptimierung als Grund für Benachteiligung?

Man kann die Frage stellen, ob schon die Radikalität bestimmter Techniken die Gefahr der Verletzung des Gebots des gerechten Ausgleichs zwischen allen Menschen in sich birgt oder ob es erst andere soziale Mechanismen sind, welche den Zugang zur besseren Gestaltung des Lebens in ethisch bedenklicher Weise ungleich verteilt.

Wenn man das Beispiel der genetischen Veränderung nimmt, so ermöglicht das Wissen um die genetischen Grundlagen des Lebens eine ganz neuartige Ursachenforschung in bezug auf Gesundheit und Krankheit. Sie eröffnet die Produktionsmöglichkeit wichtiger Substanzen des menschlichen Organismus mit Hilfe transgen veränderter Bakterien und Säugetierzellen. Sie versucht diagnostisch, Krankheitsbilder in Bezug auf ihre genetischen Grundlagen zu deuten. Und auch wenn dieses diagnostische Wissen bisher nur zu einem geringen Teil in eine wirklich therapeutische Handlungsform umgesetzt werden kann: Man sieht „heute [durchaus] Wege, wie gewisse Erbleiden mittels Gentherapie, d. h. durch Substitution des fehlenden Gens, ursächlich behandelt werden könnten.“ Diese Therapie eröffnete schwerkranken Menschen eine echte Möglichkeit der Heilung und der Befreiung von tief belastendem Leid. Und wenn die ethischen Kriterien einer verantwortungsvollen Forschung eingehalten werden (Heilversuche bei fehlenden Alternativen [ultima ratio], Aussicht auf Erfolg, Nutzenabwägungen gegen die Risiken), dann teilt die theologische Ethik das Urteil: Es ist dem Menschen aufgegeben, die Natur um seiner Gesundheit willen zu verändern. Sozusagen im Nebeneffekt kann das auch die Ausgangsbasis menschlichen Lebens verbessern: Schon heute werden Menschen älter, als es früher möglich war. Gute Ernährung, die besseren Lebensbedingungen und Erleichterung der Arbeit, die gewachsenen Standards der medizinischen Versorgung erhöhen die Lebensaussichten.

Freilich lässt sich die Frage nach der möglichen, die Gesellschaft spaltenden Wirkung das Leben optimierender Erfolge weiter ausziehen: Gibt es in der Humangenetik eine Eingriffstiefe, die – anders als bei den sonstigen medizinischen Therapien – eine Intervention in einer neuen Qualität darstellt? Stellt die genetische Veränderung des Menschen ein Herrschaftswissen bereit, das tendenziell über die biologischen Grundlagen des Menschen in einer totalitären Form verfügt? Ja, versetzt es bestimmte Menschen in die Lage, dieses Herrschaftswissen auch in Hegemonie, also soziale Überlegenheit zu übersetzen? [...]


Lesen Sie den kompletten Artikel in der Printausgabe.

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