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Leseprobe 1 DOI: 10.14623/wua.2016.1.59-60
Frei Betto OP
Dominikanische Theologie im Kampf für Gerechtigkeit und Frieden
Eine dominikanische Theologie im lateinamerikanischen Kontext muss von den Werten des Evangeliums und der Erfahrung von Armut und Unterdrückung ausgehen. Dies ist notwendig, weil die Grundlage der Theologie der christliche Glaube ist und in diesem Kontinent die meisten Gläubigen Opfer von sozialer Ungerechtigkeit sind. Deshalb sprechen wir von Befreiungstheologie: dem denkerischen Ergebnis des Kampfs um Freiheit durch Christen, die dem Reich Gottes verpflichtet sind und deren Werte denen der ‚innerweltlichen Mächte‘ entgegenstehen. In diesem Kontext ist einer dominikanischen Theologie bewusst, dass alle Christen die Jünger eines politischen Häftlings sind. Jesus starb nicht krank und altersschwach. Wie so viele lateinamerikanische Märtyrer wurde er verhaftet, gefoltert und durch politische Mächte zum Tod verurteilt. In einer Situation von Ungerechtigkeit und Ungleichheit wie unserer legt die Seligpreisung der ‚Verfolgung um der Gerechtigkeit willen‘ fest, auf welcher Seite die Jünger/ innen Jesu in den sozialen Konflikt eintreten.

Eine der Aufgaben, die sich der dominikanischen Familie in Lateinamerika stellt, ist, den Glauben Jesu zu haben – und nicht einfach nur einen Glauben an Jesus. Jesu Glaube ist Treue zum Reich Gottes und zu dessen Verwirklichung, die daraufhin drängt, dass ‚alle das Leben in Fülle haben‘ (Joh 10,10). Dieses Ziel wird, wie Papst Franziskus wiederholt betont, vor allem durch die Armen und Ausgeschlossenen erreicht, mit denen Jesus sich identifiziert (Mt 25,31– 46).

Eine dominikanische Theologie im lateinamerikanischen Kontext muss ein Werkzeug und eine Quelle von Licht sein, um unsere Predigt und unser Zeugnis für das Evangelium zu stärken. Sie wird weiterhin unsere drei Gelübde berücksichtigen, die unsere Berufung und unser Charisma bestimmen: (1) für Gerechtigkeit und für eine Gesellschaft einzutreten, in der die Früchte der Erde und der menschlichen Arbeit geteilt werden (Armut); (2) Treue zum Charisma des hl. Dominikus (Gehorsam); (3) freie Hingabe unseres Lebens in Liebe zu und Verbundenheit mit allen Menschen, besonders jenen, die unter unwürdigen Lebensbedingungen leben (Keuschheit).

Unsere Theologie bleibt unglaubwürdig, wenn sie nicht das Zeugnis unserer Schwestern und Brüder einbezieht, die vor uns das Evangelium in Lateinamerika verkündet haben und die im Geist des Evangeliums die Würde und die Rechte von eingeborenen Bevölkerungsgruppen, Sklaven, Bauern, Arbeitern und Ausgeschlossenen verteidigten. Dazu gehören Menschen wie Antonio de Montesino, Antonio de Valdivieso, Bartolomé de Las Casas, Pedro de Córdoba, Rosa von Lima, Martin de Porres, Tito de Alençar Lima und viele andere, die unseren Kontinent durch ihr Bekenntnis zum Evangelium und ihr Lebenszeugnis prägten.

Es war diese Treue zu Jesus, dem Weg, der Wahrheit und dem Leben, aus der heraus die Dominikaner im 19. Jahrhundert nach Brasilien kamen. Sie konzentrierten ihr Apostolat auf die Menschen, deren Leben durch stetigen Völkermord und das Fehlen von schützenden Gesetzen am meisten beeinträchtigt wurde: die autochthone Bevölkerung.

Später, in der Mitte des 20. Jahrhunderts, verlagerte sich das dominikanische Apostolat mittels der Bewegungen der Katholischen Aktion für Hochschüler/innen auf die Welt der Studierenden. Nachdem Friede eine Frucht der Gerechtigkeit ist, war es dringend nötig, die nachfolgende Generation, die noch frei von Eigentum und familiären Verpflichtungen war, für die Errichtung einer gerechteren Gesellschaft zu gewinnen.

Der Fokus der Sündenlehre verschob sich von der Schuld des Einzelnen auf soziale Schuld. Die angewandte Methode „Sehen – Urteilen – Handeln“ entsprach dem dominikanischen Charisma, mit der Welt umzugehen: sie im Licht des Wortes Gottes zu reflektieren und Maßnahmen zu finden, um sie in eine gerechtere, gleichberechtigtere und freiere zu verwandeln und so Frieden zu ermöglichen.

Als Reaktion auf die Militärherrschaft von 1964 bis 1985 und der Verschlechterung der Lebensbedingungen in Brasilien wurden für die Dominikaner die Verteidigung der Rechte der Ärmsten und die Wiederherstellung demokratischer Grundrechte die wichtigsten Aufgaben.

Einige Brüder beteiligten sich am direkten Widerstand gegen die Diktatur und mussten dafür jahrelange Haftstrafen antreten. Andere teilten im Geiste der ‚Option für die Armen‘ das Leben der Armen, um die unteren Gesellschaftsschichten zu Gestaltern von Gerechtigkeit und Frieden zu machen. Auf diese Weise wurde die dominikanische Kommission für Gerechtigkeit und Frieden in Brasilien zu einem ‚sakramentalen‘ Ausdruck der aktuellen Prioritätensetzung der dominikanischen Familie und ihres Engagements für die gesellschaftlichen Bewegungen, die nach ‚alternativen möglichen Welten‘ suchen.

Aus dem Englischen von Jörg Wegscheider OP, Wien

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