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Stichwort DOI: 10.14623/wua.2015.4.146-150
Heiner Katz
Prisma der Macht
Das einschlägige Vokabular klingt in aller Ohren: „Unabhängig sein“, „auf Entscheidungsautonomie bestehen“, „Selbstverwirklichung voranbringen“ „selbstverantwortlich leben“, eben Individualisierung; – wer redet denn da noch von Macht? Und doch: In klarem Widerspruch zu allen umlaufenden Gleichheitsidealen braucht man dieses offenbar „anstößige“ Phänomen nicht erst in den Schlupfwinkeln randseitiger esoterischer Zirkel oder Schlupfwinkeln „totaler Institutionen“ aufzustöbern. Der Alltag in unserer unmittelbaren Lebenswelt steckt bei genauerem Hinsehen voller Erfahrungen von Macht: in Familie, Wohnheim und Hochschule, in Behörden und Freizeitvereinen … Überall können wir unterschwellig spürbar, bisweilen aber auch überwältigend, ihre Manifestationen erleben. Und dabei rechnen wir diese Vorgänge in unseren unmittelbaren Beziehungsfeldern doch erst zum vorpolitischen Erfahrungsraum, während der eigentliche politische Kernbereich mit noch ganz anderen Zumutungen aufwartet: Steuererklärung, Strafzettel, Fahrverbot, Vorladung.

Unter soziologischem Blick

Mit diesen knappen Hinweisen sei bereits angedeutet, dass sich mit dem Thema „Macht“ offenkundig ein weitgespanntes Problem der menschlichen Existenz auftut, das in seinen vielfältigen Erscheinungsformen und Verästelungen nicht gerade leicht unter einen Begriff zu bekommen ist. Wie in einem Prisma versuchen die folgenden Beiträge dieses Heftes das Phänomen Macht aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten. Vermutlich ist wohl für jeden einsichtig, dass sich die Soziologie mit dem hiermit angesprochenen gesellschaftlichen Grundtatbestand von Über- und Unterordnung bereits von Anfang an eingehend beschäftigt hat. So fasst bereits Max Weber (1864–1920) diesen Phänomenbereich von vornherein als überaus vielgestaltig auf und versucht dennoch die verschiedenförmigen Äußerungen von Macht auf einen gemeinsamen Begriff zu bringen, indem er sagt: Macht bedeutet „jede Chance, (…) den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“ Hier wird Macht nicht auf eine bestimmte Sphäre des sozialen Lebens, so etwa auf die politische, begrenzt, sondern ein weites Spektrum unterschiedlichster Machtbeziehungen und Machtformen unter einem gemeinsamen Nenner eingefangen. Es springt bei ihm sofort ins Auge, dass es nicht darum gehen kann Machtwirkungen beispielsweise mit dem Tun und Lassen eines exklusiven Machthabers zu identifizieren, der sich über dessen eindrucksvolles oder auch einschüchterndes Geltendmachen entsprechender Gefolgschaft versichert. Machtwirkungen kommen vielmehr überall zum Zuge, wo menschliches Handeln ein Verhalten anderer bewirken, verändern oder verhindern kann. Das kann von schweren Repressalien bis zu attraktiven Belohnungen reichen. Zusammenfassend schlägt St. Hradil vor, zu sagen: „Macht soll jede wesentliche Beeinflussung heißen, die ein Bestandteil der Gesellschaft über einen anderen ausübt bzw. ausüben kann, ohne dass dieser in der Lage ist, sich diesem Einfluss zu entziehen“.

Nun ist zu fragen, warum soziale Beziehungen immer auch Machtverhältnisse implizieren. Sie tauchen entweder als interpersonelles Phänomen in Zweierbeziehungen oder Gruppenbeziehungen auf, oder aber im Rahmen bestimmter Organisationen bzw. Institutionen bis hin zu gesamtgesellschaftlichen Beziehungsformen. Selbst in Zweierbeziehungen und kleinen, emotional eng verbundenen Gruppen, die sich ihres gemeinsamen Gleichheitsethos fortlaufend versichern, kommt es immer wieder zu allmählich sich ausdifferenzierenden Prozessen von Machtbildung, wo sich aufmerksamer Beobachtung enthüllt, dass da jemand – oft optisch weichgespült – „das Sagen“ hat. Spätestens hier wird klar, dass Macht offenbar grundlegend ein Phänomen wechselseitiger Beziehungen ist, ein Verhältnis, zu dem eben zwei Seiten gehören: diejenige, die einen Machtanspruch verfolgt und geltend macht, und die andere, welche ihn einräumt, hinnimmt und in darauf folgenden Wiederholungsfällen bestätigt und damit stabilisiert. Ist ein solcher Zustand wechselseitiger Beziehungsverflechtung situationsüberdauernd erreicht, lässt sich von Machtverhältnissen sprechen, rudimentär bereits in Kleingruppen, mit größerer Durchschlagskraft aber dann in öffentlich weiträumig agierenden sozialen Bewegungen, formalen Organisationen oder Institutionen und schließlich in gegliederten Großgebilden staatlicher bzw. behördlicher Machtzentren bis hin zu anonymisierten staatlichen Herrschaftsapparaten, doch jeweils mit anderem Gesicht. Bei den letzten Beispielen zeigt sich Macht mit aller Deutlichkeit als Ergebnis einer sozialen Konstellation. Um in ihr die Bündelung und Verteilung von Macht zu beschreiben, kann auf ein theoretisches Konzept von N. Elias zurückgegriffen werden, das unter dem Stichwort soziale Figuration bekannt geworden ist. Mit ihm kann aufgezeigt werden – wie hier im Fall von Machtverhältnissen –, dass aus dem dynamischen Zusammenspiel mehrerer Akteure, Gruppen oder Parteien ein komplexes Geflecht asymmetrischer und wechselseitiger Beziehungen entsteht, und dass sich in enger Verknüpfung miteinander am Ende etwas ergibt, das keiner der beteiligten Akteure je für sich allein besitzt oder erreichen könnte. Wenn ein solches Handlungsgefüge nunmehr – quasi mit hoher Objektivität ausgestattet – Menschen und Gruppen durch normative Anforderungen zustimmend und folgsam einzuglie dern vermag, haben wir es mit Herrschaftsmacht zu tun. [...]


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